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Neue Leitlinie Zöliakie ( 2021)


 

Im Jahr 2021 hat die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) neue Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Zöliakie veröffentlicht. Die Leitlinien betonen die Wichtigkeit einer korrekten Diagnose durch eine Kombination aus Blutuntersuchungen, Darmspiegelung und Biopsie der Dünndarmschleimhaut. Außerdem wird die Bedeutung von regelmäßiger Betreuung durch einen erfahrenen Ernährungsberater und Impfungen für Menschen mit Zöliakie hervorgehoben. Die neuen Leitlinien bieten wichtige Empfehlungen für eine angemessene Diagnose und Behandlung von Zöliakie.





Die Zöliakie kann sich mit einer Vielzahl von Symptomen und Anzeichen manifestieren oder auch symptomlos bleiben. Es gibt kein eindeutiges klinisches Bild, das die Zöliakie ausschließt. Daher sollte bei einer Vielzahl von Symptomen und Befunden eine Zöliakie in Betracht gezogen werden. Personen mit einem erhöhten Risiko für eine Zöliakie sollten eine Diagnostik angeboten werden, die eine Antikörperbestimmung und Genetik umfasst. Diese Empfehlungen haben einen starken Konsens.


Formen der Zöliakie:

Die Zöliakie kann in verschiedenen Formen auftreten, darunter die klassische, symptomatische, subklinische, potenzielle und refraktäre Zöliakie. Die Dermatitis herpetiformis Duhring ist eine Sonderform der Zöliakie, die hauptsächlich die Haut betrifft. Betroffenen Personen wird eine gastroenterologische Diagnostik und Beratung empfohlen. Eine regelmäßige und ausreichende Zufuhr von Gluten ist Voraussetzung für eine zuverlässige serologische und histopathologische Zöliakie-Diagnostik. Bei Verdacht auf Zöliakie sollte vor der Diagnostik die Anamnese der Glutenzufuhr erhoben und dokumentiert werden. Eine sichere Diagnose kann erst nach Glutenbelastung gestellt werden. Diese Empfehlungen haben einen starken Konsens.


Zur diagnostischen Abklärung einer Zöliakie bei Personen mit entsprechenden Symptomen oder genetischen Risikokonstellationen sollte die Serologie unter glutenhaltiger Kost durchgeführt werden. Autoantikörper gegen Gewebstransglutaminase 2 und Endomysium der Klasse IgA zeigen die höchste Spezifität für die serologische Zöliakie Diagnostik. Die Bestimmung von Zöliakie-spezifischen Autoantikörpern erlaubt ein Screening auf Zöliakie bei symptomatischen und asymptomatischen Patient*innen. Numerische Werte von verschiedenen serologischen Antikörpertests können nicht direkt miteinander verglichen werden. Es wird empfohlen, bei Verdacht auf Zöliakie oder auffälligem histopathologischen Befund ausschließlich IgA-Antikörper gegen Gewebs-Transglutaminase sowie das Gesamt-IgA im Serum zu untersuchen.



 

Glutenfreie Diät:

Es wird empfohlen, bei Personen, die eine gluten- oder weizenfreie Diät aus anderen Gründen als einer gesicherten Zöliakie beginnen, eine Zöliakie serologisch auszuschließen, insbesondere bei Personen mit Beschwerden.


 

Laborparameter zur Bestimmung einer Zöliakie:

Tests zur Bestimmung von unzureichend validierten Antikörpern gegen Gliadinpeptide, Endomysium und Gewebstransglutaminase sollten nicht allein oder in Kombination mit tTG-IgA in der initialen Diagnostik eingesetzt werden, insbesondere bei Personen mit normalem Gesamt-IgA und negativem tTG-IgA Ergebnis.

Bei einem erniedrigten Gesamt-IgA im Serum und einem negativen Transglutaminase-IgA sollte die Bestimmung von IgG-Antikörpern gegen Transglutaminase, Endomysium oder Gliadinpeptid durchgeführt werden. Bei Patienten mit IgA-Mangel und positivem IgG-basierten Test sollte zur Sicherung der Zöliakie-Diagnose eine Duodenalbiopsie durchgeführt werden.

Tests wie AGA, WGA, Zonulin im Serum oder Stuhl sowie zöliakiespezifische Antikörper im Speichel und Stuhl sind nicht geeignet und sollten nicht verwendet werden. Blut-Schnelltests werden nicht empfohlen.

 

Kinder und Jugendliche:

Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren mit einem tTG-IgA-Konzentration gleich oder über dem 10-fachen des Grenzwertes kann eine Zöliakie-Diagnose ohne Biopsien angeboten werden, nach vorheriger Aufklärung durch einen Kindergastroenterologen. Eine zweite Blutprobe zur Diagnosesicherung mit positivem EMA-IgA ist notwendig. In allen anderen Fällen sollen Duodenalbiopsien entnommen werden.


Erwachsene mit hohen Autoantikörper gegen Gewebstransglutaminase 2 und Kontraindikationen für die obere Endoskopie mit Biopsieentnahmen sollten eine Zöliakie-Diagnose ohne Biopsie angeboten werden, wenn Endomysium-IgA in einer zweiten Blutprobe nachgewiesen wurde.


Bei asymptomatischen Personen mit einem positiven Transglutaminase-IgA-Titer unter dem dreifachen des Grenzwertes und ohne Zeichen oder Symptome einer Zöliakie kann eine serologische Kontrolle unter Weiterführung einer glutenhaltigen Kost angeboten werden, nach Aufklärung vor Endoskopie mit Biopsien. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes mellitus.


 

Empfohlen wird, dass bei der Erstdiagnose einer Zöliakie eine umfassende Diagnostik durchgeführt wird, die neben Transglutaminase-IgA und Gesamt-IgA auch ein Blutbild, Transaminasen, alkalische Phosphatase, TSH, Eisenstatus, Folsäure, Vitamin B12, Vitamin D und ggf. Kalzium und Parathormon umfasst.

Für das serologische Monitoring wird empfohlen, dass bei Zöliakie-Betroffenen ohne IgA-Mangel ausschließlich Transglutaminase-IgA zur Verlaufskontrolle bestimmt werden soll. Bei Patienten mit IgA-Mangel sollte ein IgG-basierter Test verwendet werden. Es wird auch empfohlen, dass die erste serologische Kontrolle 6 Monate nach Beginn der Diät erfolgen sollte und dann alle 6 Monate, bis das Ergebnis unter dem Grenzwert liegt.


Weiterhin wird empfohlen, dass einmal jährlich, bei sehr stabilem Verlauf im Erwachsenenalter auch alle 2 Jahre, eine serologische Kontrolle erfolgen sollte. Bei Wiederauftreten von Zöliakie-verdächtigen Symptomen wird auch empfohlen, unabhängig von anderer Diagnostik, eine serologische Kontrolle durchzuführen.



Quelle: https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-021l_S2k_Zoeliakie_2022-05.pdf


Empfehlung zum glutenfrei gekennzeichnetem Hafer:

Bei Verträglichkeit kann der glutenfrei gekennzeichnete Hafer konsumiert werden. Handelsübliche Haferprodukte sollten vermieden werden. Die Empfehlung legt nahe, dass glutenfrei gekennzeichnete Weizenstärke und daraus hergestellte Produkte bei Glutenfreierdiät verzehrt werden können, wenn keine Symptome auftreten. Eine laktosereduzierte Diät wird nur bei Beschwerden nach dem Verzehr von laktosehaltigen Lebensmitteln empfohlen.



 

Mikronährstoffe:

Die Empfehlung beinhaltet bei Malnutrition oder klinisch relevantem Mangel an Mikronährstoffen eine angemessene altersspezifische Nährstoff-, Vitamin- und Mineralstoffzufuhr und/oder eine Substitution mit Vitaminen/Mineralstoffen.



 

Monitoring:

Es wird empfohlen, regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen, einschließlich klinischer Verlauf, Adhärenz zur Diät, Serologie und gegebenenfalls Kontrollendoskopie. Der Nachweis von immunogenen Glutenpeptiden im Urin oder Stuhl kann als Echtzeit-Nachweis für unbewusste Diätfehler erwogen werden.


Laborparameter wie Blutbild, Eisenparameter, Vitamin- und Mineralstoffspiegel sowie Knochendichtemessungen sollten ebenfalls regelmäßig überwacht werden. Personen ab einem Alter von 50 Jahren oder solche mit erhöhtem Osteoporose-Risiko sollten eine Knochendichtemessung durchführen lassen.


Zöliakie-Betroffene sollten den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut folgen. Zusätzlich wird eine Pneumokokkenimpfung empfohlen.



 

Potenzielle Zöliakie:

Eine potenzielle Zöliakie stellt zunächst keine Indikation zur glutenfreien Diät dar.


Die Bezeichnung potenzielle Zöliakie sollte nur bei Vorliegen

einer Zöliakie-typischen Serologie (positive tTG-IgA oder EMA-

IgA-Antikörper) aber unauffälligem Befund der Dünndarmmukosa

verwendet werden.

Es wird empfohlen in regelmäßigen Abständen (alle 6 bis 12 Monate) ein umfassendes Monitoring stattfinden zu lassen.

Einbeziehung von extraintestinalen Beschwerden

Bestimmung der Mikro- und Makronährstoffe


Bei Vorliegen von Beschwerden oder oder refraktärem Mikro- bzw. Makronährstoffmangel sollte nach Ausschluss anderer Ursachen – eine glutenfreie Diät empfohlen und durch Ernährungstherapie begleitet werden.



 

Prävention Zöliakie:

Zur Primärprävention einer Zöliakie sollen Medikamente nicht empfohlen werden.

Bei Säuglingen ab Beginn des fünften Lebensmonats kann Gluten in der Beikost eingeführt werden.



 

Laboranalysen:

Bei einer refrakären Zöliakie werden folgende Laborparameter empfohlen:

  • tTG-IgA oder EmA-IgA

  • IgA-Gesamt (so nicht bereits im Vorfeld bestimmt)

  • Differential-Blutbild

  • Albumin

  • Kalzium

  • Transferrin-Sättigung, Ferritin

  • Folsäure

  • Vitamin B12

  • Zink

  • 25-Hydroxy-Vitamin D, ggf. Parathormon

  • Lactatdehydrogenase (LDH)

  • β2-Mikroglobulin

  • Vitamin B6

  • Vitamin A

  • Quick/INRProtein C, Protein S



 

IgE und nicht IgE vermittelte Weizenallergie:

Der Nachweis von spezifischem IgE (im Hautpricktest oder im Serum) als Ausdruck einer Sensibilisierung ist nur bei anamnestisch eindeutigen und reproduzierbaren Symptomen

ein Beleg für eine Allergie. Die Bewertung sollte daher immer in Zusammenschau mit Anamnese, ggf. Ernährungs- und Symptomtagebuch und ggf. Provokation erfolgen.

Zur Bestätigung soll Weizen-spezifisches IgE bestimmt werden bzw. ein

Haut-Prick-Test mit Weizenextrakt vorgenommen werden.


Bei einem Verdacht auf eine nicht IgE-vermittelte Weizenallergie soll

durch Auslassdiät und offene oder doppel-blinde Weizenprovokation die Allergie bestätigt werden.



 

Nicht Zöliakie-Weizen-Sensitivität:

Bei Symptomen eines Reizdarmsyndroms können verschiedene Weizeninhaltsstoffe (Gluten, ATIs, andere Proteinbestandteile, sowie FODMAPs) durch verschiedene Mechanismen (immunologisch-allergisch oder nicht immunologisch) sowohl intestinale als auch extra-intestinale Beschwerden auslösen.





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